"Vor über 250 Jahren ist in Österreich zum ersten Mal geimpft worden – gegen Pocken. Es war nicht nur der Beginn einer medizinischen Erfolgsgeschichte, sondern auch die Geburtsstunde von Debatten rund um Impfpflicht und Impfskepsis. Ausgetragen wurden sie von Größen wie Kaiserin Maria Theresia und dem Philosophen Immanuel Kant, angefacht von tragischen Unfällen. Die Impfung war aber auch immer eins: ein Befreiungsschlag.
Die Rolle der Kirche
Um dafür zu sorgen, dass das auch so bleibt, setzte man auf den Einfluss unterschiedlichster Akteure. „Gerade im 19. Jahrhundert waren Kaiserhaus und Kirche die dominierenden Vertreter, an die man sich angeklammert hat“, so Angetter. „Pfarrer haben von der Kanzel heruntergepredigt, wie wichtig die Impfungen sind. Viele sind bei Impfaktionen dabei gewesen. Andere zogen Berichten zufolge gemeinsam mit dem Gemeindearzt von Haus zu Haus, um Aufklärung zu betreiben.“
Hebammen waren überdies angehalten, Schwangere darüber aufzuklären, dass das Impfen von Kindern lebensrettend sein kann. Ärzte wurden wiederum mit Belohnungen von mehreren hundert Gulden gelockt, viel zu impfen. Besonders Impffreudige erhielten eine Erwähnung in der „Wiener Zeitung“. (...)
Debatten über Impfpflicht als Brandbeschleuniger
Als Brandbeschleuniger dienten freilich auch Debatten über die Einführung einer Impfpflicht. „Österreich war immer ein Land, das sehr stark auf Freiwilligkeit und Aufklärung gesetzt hat“, so Angetter. Anstatt mit einer Impfpflicht arbeitete man eher mit indirektem Impfzwang, das heißt, eine Impfung war etwa Voraussetzung für einen Schuleintritt, aber auch zum Erhalt eines Stipendiums, zum Eintritt in die Armee und bei Klostereintritt.
Die bisher einzige Impfpflicht Österreichs zog ein, als 1939 mit der Zeit des Nationalsozialismus reichsrechtliche Vorschriften zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten eingeführt wurde, als also deutsches Recht zu österreichischem wurde."
Quelle: https://orf.at/stories/3200906/
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